1568 druckte der Tübinger Verleger Ulrich Morhart (der Jüngere) das Buch des lutherischen Theologen Jacob Andreae. Es trug den langen Titel „Drey vnd dreissig Predigen Von den fürnembsten Spaltungen in der Christlichen Religion / so sich zwischen den Bäpstischen / Lutherischen / Zwinglischen / Schwenckfeldern vnd Widerteuffern halten. In wölchen jedes theils Meinung vnd Grund trewlich gesetzt / vnnd ein einfaltiger Bericht vnnd Anleittung auß den sechs Hauptstucken Christlicher Lehr gegeben würde / wie ein jeder einfaltiger Lay / in solchem allem die Warheit erkennen / vnd sich Christlich darein schicken soll / daß er in kein Sect verfüret werde.“

Diese 33 Predigen hielt der Probst zu Tübingen in Esslingen gar selbst von der Kanzel, wie er anführt. Für das Fechten nach Historischen Quellen interessant, ist die enge Vermengung der Rhetorik mit der Fechtschule. Diese bei Luther ebenfalls mehrfach zu findenden Analogien sind bei Jacob Andreae stark ausgeprägt. So vergleicht er in seiner ersten Predigt die Begegnung Jesus Christus mit Satan mit der Fechtschule. Dies fasst er in seiner zweiten Predigt wie folgt zusammen:

„Heut vierzehn Tage haben wir gehört, wie der Herr Christus mit unserm allgemeinen Feind dem leidigen Sathan ein Kampf gehalten, drey Gänge mit ihme gethan, ihn überwunden und herrlich wider ihn obgesieget, daß er mit Spott und Schanden abziehen müssen. Dem Herrn Christo aber von den lieben Engeln Gottes, das Kränzlein aufgesetzt worden, wölchem sie als irem und unser aller Herrn gedienet haben.“

Am schönsten ist jedoch die Parabel zum Fechtmeister und dem Bauern. In dieser spiegelt sich die grundsätzliche Drill-Ausbildung der Bauern wieder, deren Kreuzhäue (siehe Joachim Meyer) auch in der handwerklichen Landwirtschaft nützlich sind. Ebenso wird der „Vatternstreich“ genannt. Dieser ist ein anderer Name für den Fechtbegriff „Zornhau“, wie er in der Tradition Liechtenauers genannt wurde. Er ist in der Tat ein einfacher Bauernschlag, wie Hans Lecküchner den Hau in seinem Fechtbuch 1481 benennt „vnd ist zw wissen das der zorenhaw mit dem ortt bricht all Oberhaw vnd ist doch eyn schlechter pawren schlag“.

Jacob Andreae bedient sich hier dem Angstbild ausgebildeter Kämpfer, die von einfachen Bauern mit einfachen Mitteln geschlagen werden. Ein in den Bauernaufständen und seit den Hussitenkriegen durchaus nicht seltenes Ereignis.

Dieses Bild ist ein festgefügtes und findet sich in vielen Quellen belegt. Zum Beispiel im GMN3227a warnt der Autor „kumpt is oft / das eyn pawer ader eyn ungelarter eyn guten meister / slet“ und „Dorvm slet oft/eyn bawer eyn meister wen her küne ist“. Derselbe Autor warnt auch vor dem Büffelstreich der Bauern „Vnd der selbe haw der bricht als das püffel / das ist eyn pawer / mag geslaen / von oben neder als sie phleken tuen“. Der Büffelstreich ist ein Drill, der auch 1516 noch üblich ist, als Andre Paurenfeyndt eine Gegentechnik vorschlägt.

Bauern verfügen über einfache Techniken und ihre Übung in der täglichen Handarbeit in der Landwirtschaft, wo allerlei scharfes und spitzes Gerät zum Einsatz im Stechen, Schneiden und Hauen kommt. Laut Jacob Andreae sollen diese einfachen und soliden Fähigkeiten sehr erfolgreich gegen Listigkeit und Kunst Satans zum Einsatz kommen:

„Ein Christ aber soll sich hierinn seiner Einfalt gebrauchen, als wenn ein Pawrenknecht mit seinem Karchmesser auf ein Fechtschul keme, und sehe daselbst den Fechtmeister ganz hurtig herumspringen, und alle seine Fechtkunst gebrauchen, die ihme zumal alle unbekannt weren, da ime aber der Kampf ausgebotten, ungeachtet alles vorfechtens und vorsetzens des Fechtmeisters, er mit seinem Karchmesser herfür trätte, braucht seines Vatters Streich, schlüge kreuzweis drein und treffe den Fechtmeister auf den Kopf, daß er zu Platz füle; gleicher gestalt (aber auf eine geistliche Weise) müssen auch alle Christen den Teufel schlagen und überwinden. Dann ob sie wohl von Natur nicht hurtig noch gleichnig, sondern ungeschickt und dölpisch seyn, jedoch wann sie den Kreuzstreich, das ist, daß Kreutz unsers Herrn Christi recht im Glauben führen, können sie den laidigen Satan schlagen und überwinden.“

Führt man diesen Abschnitt etwas in die Tiefe, dann klingt er fast wie eine Aufforderung an die Lutherischen Bauern, sich in solider einfacher Fechtkunst zu üben, um ihre Widersacher zu überwinden. Doch dies war dem Probst, der die Unterstützung der Fürsten genoss sicherlich eher fremd.

Das gleiche Bild wird 1659 von Johann Rudolph Glauber in “Des Teutschlandts Wohlfart” verwendet. Der Autor breitet das Bild der Fechtschule und des Bauern aus, um vor den verführerischen Worten seiner Widersacher zu warnen, die er damit als Schönschwätzer darstellt. Die Kenntnis der Fechtschulen muss der Autor allerdings gehabt haben, denn seine Beschreibung und den Fechtbegriff “Rädlein” sind zu detailliert, als dass er dies in Unkenntnis verfassen gekonnt haben mag.

Ich gehe allhier recht gerad zu und schlage den zierlichen Fechter, mit seinen krummen Sprüngen und Rädlein machen, vor der Nasen zwischen die Speichen, dass die Haar davon fliegen.


jener Bauer, der zu Nürnberg einmal auf eine Fechtschule kam, und die zierlichen Fechter mancherlei Sprünge und Aufhebens machen sah, welche einander auch wacker um die Köpfe schlugen, so lang bis dass einer allein stand hielte, und keiner mehr mit demselben zu Fechten Lust hatte. Darüber er hoffertigerweise andere verachtete und sich den Sieg selbst zu früh einbildete. Wie er nun nach dem ausgesetzten Geld und dem Siegeskranz griff, sprang ein Bauer herfür, sprechend: „Nicht also Fechter, du sollst den Kranz nicht haben, bis dass du mich auch zuvor geschlagen hast“.

Der Fechter konnte nicht anders, musste ein Gänglein mit dem Bauern tun oder den Ehrenkranz liegen lassen. Er bildete sich ein, einen kurzen Prozess mit dem Bauern zu machen, und den Kranz bald zu haben. Er macht damit sein Aufhebens aufs aller zierlichste, wie er es auf den Schulen gelernt hatte und gewohnt war, in Meinung den Bauern damit zu erschrecken, dass er seinen Dussacken niederlegen, und ihm den Kranz lassen würde. Der Baur sich aber auf seine Stärke verlassend und unerschrocken stillstand, solange, bis dass der Fechter ihm nahe war und mit seinem Dussacken ein Rädlein vor die Nasen machte. Da faßt der Baur einen Streich und schlug den Künstlichen Fechter mit einem Streich zu Boden, dass die Haar davon flogen und ihm das Blut über den Kopf herab lief.

Fragend, ob er noch ein Gänglein mit ihm tun wollte, er dazu bereit wäre, jener künstliche sich zu viel einbildende Fechter aber genug an dem einen Streich befindende, dergleichen grobe Streiche nicht mehr zu erwarten, es bei dem ersten verbleiben ließ, da zog der Bauer das aufgesetzte Geld und den Ehren Kranz zu sich und ging davon. Als er aber gefragt war, wie er das tun und einen solchen zierlichen auf den Schulen ausgelehrten Fechter schlagen hat können, da antwortet der Bauer: „Ich sah, dass es nur krumme Sprünge waren, und keine Stärke bei dem Fechter saß. Setzte derowegen meine Stärke gegen seine zierlichen, verführerischen Sprünge und schlug mit einem starken Streich zu Boden.“ Hieraus kann man sehen das zierliches Sophistisches Schulgeschwätz nichts zur Sache tut, sondern eine gute Erfahrung und unfehlbare starke Erkenntnis der Dingen allein Meister ist und bleibt.