Wir alle werden von täglicher Gewalt umgeben: seelisch, politisch, sozial, körperlich – Gewalt hat viele Formen. Die meisten Menschen werden selten mit körperlicher Gewalt direkt konfrontiert. Doch die Einschüchterung durch körperliche Überlegenheit ist eine Äußerung körperlicher Gewalt, die täglich passiert, meist unbewusst. Wenn Mann dem körperlich überlegenen Gegenüber auf der Gehweg „freiwillig“ Platz einräumt, oder wenn Frau eine Gruppe junger Männer weiträumig umgeht.

Weder Täter noch Opfer

Körperliche Gewalt ist immer nahe und die meisten Menschen haben verlernt mit ihr umzugehen. Die Gründe hier sind vielfältig. In der modernen Zeit hat zuletzt die sekundär erlebte virtuelle Gewalt jeden Bezug zur tatsächlich existierenden abgelöst. In den Medien, Nachrichten, Filmen werden Menschen brutal behandelt. Durch die Weitergabe von Traumata und Schuldverstrickungen in der Identifizierung mit dem Opfer entstehen fast traumatische Ängste, so dass eine rationale Auseinandersetzung mit Gewalt nicht mehr möglich scheint. In Spielen wird der Spieler zum Täter und obwohl das Opfer menschenähnlich ist, wird der Spielfigur das Menschliche abgesprochen und damit „zu Recht“ eliminiert. Ein Gewaltverständnis, dass erschrecken sollte.

Wir wollen nicht Täter sein, müssen aber den Tätern gegenüberstehen. Wir wollen nicht Opfer sein, denn die Gewalt soll uns nicht beherrschen.

Den Umgang mit Gewalt neu erlernen

In unseren Übungen schlagen wir mit Schwertern und anderen Waffen auf unsere Übungspartner mit Tötungsabsicht ein. Allein dieser Satz wirkt auf viele Menschen erschreckend. Es ist pure Gewalt. Damit gelassen umzugehen, im Respekt und dem strengen Willen, den Übungspartner nicht zu verletzen, ist ein wesentliches Lernziel unserer Kampfkunst.

Unsere Übungswaffen sind nicht scharf. Aber ein stumpfes Schwert ist immer noch eine schreckliche Waffe. Wie kann man also lernen, den Gegner gewaltbereit anzugreifen aber den Partner in freundlicher Zuneigung nicht zu verletzen? Hier ist Kunst notwendig. Diese lehrt uns in Übungen, Kontrolle über die Waffe – vor allen über uns – zu erwerben.

Tötungsabsicht

Alle Hiebe und Stiche werden mit Tötungsabsicht aber ohne Tötungswunsch geführt. Würden wir nicht in den Übungen auf den Körper des Partners abzielen, so wäre die Verteidigung fehlerhaft. Ohne die korrekte Simulation eines tödlichen Hiebes, ist eine Abwehr desselben nicht zu erlernen. Natürlich verwenden wir auch Schutzkleidung, aber diese soll nicht exzessive Gewalt erlauben, sondern Unfälle verhindern.

Schritt für Schritt erlernen unsere Schüler, dass die Ausübung von Gewalt durch Ausübung von Kampfkunst beherrschbar wird. In unseren Übungen gibt es weder Opfer noch Täter. In den Technikübungen „verliert“ ein Partner, um dem anderen das Üben zu ermöglichen. Und sofort darauf „verliert“ der andere, um auch seinem Partner das Üben der Technik möglich zu machen. Gewaltbewegungen finden in gegenseitigem Respekt statt. „Verlieren“ und „Gewinnen“ werden nichtig.

Auswirkungen auf den Alltag

Kann ein Mensch damit umgehen, dass ein anderer mit einem stählernen Schwert auf ihn mit Tötungsabsicht einschlägt, so wird ihn wenig erschüttern können. Übertragene Ängste werden abgebaut. Mit zunehmender Beherrschung der Kampfkunst verliert sich die Angst vor Gewalt und es entsteht die Bereitschaft sich Gewalt in jeglicher Form entgegen zu stellen. Man meistert die Gewalt.

Reinheit – kein Blendwerk

Dies alles entsteht, ohne die Selbstüberschätzung einer angeblich wirksamen Selbstverteidigungslehre, welche in wenigen Stunden eine erfolgreiche Selbstverteidigung gegenüber körperlich überlegenen Gegnern verspricht. Aus der reinen Kampfkunst entspringt, völlig ohne jedes verkaufspsychologischen Blendwerk, die Kontrolle über Gewalt. Alles was es braucht, ist die Beharrlichkeit des Übenden. Dann sind auch schwierige Situation leicht beherrschbar.

Daher bietet die Fechtfabrik „nichts“ außer der Übung der reinen Kampfkunst an. Diese Kampfkunst umfasst jede Form der körperlichen Auseinandersetzung mit Gewalt außer Schusswaffen. Wir bieten sie so an, wie sie in Zeiten ausgeübt wurde, in denen die Straßen extrem unsicher waren. Aus Zeiten, in denen das Tragen und Benutzen von scharfen Waffen üblich war. Aus Zeiten, die gewalttätig waren, direkt und konfrontativ.

Ziel bleibt, die Kampfkunst als friedfertigen Weg zu erkennen, den Umgang mit Gewalt zu erlernen.