In der Liechtenauer Lehre des 3227a werden die Mengen der Huten auf diejenigen reduziert, die eine größtmögliche Bedrohung des Gegners bei gleichzeitiger räumlicher Deckung darstellen: Ochs, Pflug / Alber / vom Tag. Verbleibt ein Fechter mit seinem Tun innerhalb des von diesen Huten begrenzten dreidimensionalen Raumes, so muss er sich kaum über den Gegner Gedanken machen und kann ihn kraftvoll angreifen, als ob jener kein Schwert habe. Bleibt er ständig in Bewegung, so kreuzt jegliche gegnerische Aktion die eigene Klinge und führt zu einer Bindung.

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GMN3227a

Nicht auf den Gegner achten bedeutet nicht munter frei in den Doppeltreffer zu schlagen (Freier Hau), sondern so zu schlagen, dass man selbst nicht getroffen werden kann (räumliche Beherrschung im Hau, Winkelarbeit),  evtl. trifft und auf jeden Fall bedroht. Kann der Fechter seiner Hiebarbeit vertrauen, so muss er sich nicht fürchten, wenn er nicht trifft und zudem kein Band entsteht. Das wäre ein Fehler auf dem der Autor des 3227a hinweist. Denn wenn der Fechter rasch und schnell sein Vorhaben durchzieht, kann sein Gegner ihn nicht erreichen, denn er bleibt weiterhin im Nach. Dies erklärt sich dadurch, dass der Gegner sich bewegen muss, um einem Treffer zu verhindern: entweder zum Band im Versatz oder durch Flucht. In beiden Fällen darf man nicht verharren, da das Verharren dem Gegner die notwendige Zeit gibt sich zu erholen und das Vor zu übernehmen.

Im Grunde ist das ein funktionierendes Prinzip im Ernstkampf, da es gegen denjenigen, der sämtliche Selbsterhaltung aufgegeben hat, sowieso kaum eine Abwehr gibt. Der besondere Reiz dieses Prinzips ist es die Wahrnehmung völlig auf sich selbst so lange zu reduzieren, bis der Gegner physikalisch eine Rolle spielt. Da sich selbst wahrzunehmen schon schwierig genug ist.

Es wird nicht empfohlen den Gegner zu ignorieren, sondern nur sein Schwert. Es ist sehr wichtig zu erkennen, wohin der Gegner läuft und welche Distanz er erzeugt.

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